Werbung mit Rücksicht auf Verluste

Ein Fachbeitrag von

Bad Homburg, 24. März 2006. Weitersparen, kündigen oder stilllegen? Diese Frage stellt sich immer mehr Inhaber von Kapitallebensversicherungen angesichts geringer Renditen. Stiftung Warentest errechnete die Verzinsung von Beiträgen auf die Restlaufzeit der Verträge, die in Einzelfällen gar unter einem Prozent pro Jahr lag. Dietmar Vogelsang, Geschäftsführer des Institut DV & P und Betreiber des Portals www.Berater-Lotse.de warnt dennoch vor ?Hals-über-Kopf-Aktionen?: ?Bevor Verträge gekündigt oder beitragsfrei gestellt werden, sollten Anleger sich von einem unabhängigen Experten beraten lassen. Manchmal genügt auch ein Blick in das Kleingedruckte.?


Angreifbare Versicherungsbedingungen sind auch ein typischer Fall für den auf Kapitalanlagerecht spezialisierten Anwalt, der sich mit solchen und ähnlichen Fragen auch gern in der Presse oder im Internet präsentiert. ?Leider wird die neue Werbefreiheit von vielen Anwälten dazu missbraucht, sich zu ?werblich? und damit nicht korrekt in der Öffentlichkeit zu präsentieren?, beobachtet Oliver Renner, Rechtsanwalt aus Stuttgart und Experte auf www.Berater-Lotse.de. ?Mit dem zweifelhaften Ergebnis, dass ratsuchenden Anlegern einerseits wertvolle Informationen verschafft werden können, andererseits möglicherweise Bedürfnisse und konkreter Handlungsbedarf geweckt werden.? So dass es sich im Extremfall um unerlaubte Mandatswerbung handelt. Problematisch sind Werbemaßnahmen dann, wenn das tatsächliche Know-how in den Hintergrund rückt. Also beispielsweise unklar bleibt, ob Berater oder Kanzlei wirklich über zitierte Kenntnisse und Erfahrungen verfügt. ?Anleger können die Kompetenz des anwaltlichen Beraters insbesondere im Rahmen eines werbenden Auftritts nicht angemessen beurteilen. Dies ist aber eher ein generelles Problem?, bestätigt auch Peter Hahn, Rechtsanwalt aus Hamburg und Experte auf www.Berater-Lotse.de


Ebenfalls nicht in Ordnung sind nach den Erfahrungen von Rechtsanwalt Hahn unaufgeforderte Kontaktaufnahmen, die ausschließlich die Einwerbung eines Einzelmandats zum Gegenstand haben. ?Grundsätzlich darf anwaltliche Werbung bestimmte Grenzen nicht überschreiten. Dazu zählen im wesentlichen Maßnahmen, die einzig das Ziel verfolgen, einen konkreten Mandanten zu ?umgarnen?. Wie zum Beispiel Neukunden-Mailings oder auch Anrufe. Geduldet werden dagegen Informationen, mit denen der Anwalt keinen Selbstzweck verfolgt. Wie zum Beispiel PR-Maßnahmen und juristische Publikationen.
?Werbung ist jedes Verhalten, das systematisch darauf anlegt, andere für die eigenen Leistungen zu gewinnen?, erklärt Rechtsanwalt Renner. Der Unterschied zwischen Werbung und Information ist der Bezug zu einem konkreten Mandat. Etwa nach einem Verkehrsunfall. Allgemeine Informationen hierzu sind erlaubt. Nicht jedoch das Werben um einen konkreten Mandanten nach amerikanischer Manier, wenn dieser z.B. gerade einen Unfall hatte.


Beliebtes Feld für unlautere Werbemaßnahmen sind schief gelaufene Geld- und Kapitalanlagen. Gern wird hier die Situation der Anleger ausgenutzt, um tief in die Wunde zu drücken. Nicht selten werden gar unwahre Tatsachen über eine missglückte Kapitalanlage verbreitet, meist andeutungsweise. Etwa der Verdacht auf ?Schneeballsystem? oder auch die Gefahr der Veruntreuung von Anlegergeldern. ?Entstehen oder bestehen bei einer Kapitalanlage teilweise oder auch nur scheinbar Schwierigkeiten, treten immer mehr Rechtsanwaltskanzleien auf den Plan und wenden sich gezielt an die Öffentlichkeit?, so die Erfahrungen von Oliver Renner. ?Unbedingt zu warnen ist auch vor ?Pauschalangeboten?, mit denen Anwälte beispielsweise Standardlösungen für eine Gruppe geschädigter Anleger anbieten will.? Super unseriös sind auch Aussagen mit Hinweis auf drohende Verjährungsfristen, kombiniert mit voreiligen Vollmachten zur Beauftragung des Anwalts.


Anleger sollten skeptisch sein, jedoch nicht in Panik geraten: Werden die werblichen Grenzen überschritten, kann gegen Anwalt oder Kanzlei mit rechtlichen Mitteln vorgegangen, zum Beispiel das laufende Mandat gekündigt werden. Bei arglistiger Täuschung durch falsche Werbeaussagen sind auch Schadensersatzansprüche möglich. Etwa dann, wenn Anleger in einen Prozess gedrängt werden. Rechtsanwalt Hahn: ?Anleger lassen sich leider häufig zu sehr von marktschreierischen Darstellungen beeinflussen, ohne auf die wahren Kompetenzen und Erfahrungen zu achten. Bedenklich halte ich auch die Zusammenarbeit von sogenannten Anlegeranwälten mit Vertriebsorganisationen.?


Daher gilt: Die anwaltliche Beratung muss sich am Wissensstand der Anleger orientieren. Ergo: Der Mandant muss verstehen können, was der Anwalt plant. Oliver Renner: ?Die Chancen für den Mandanten bestehen eindeutig darin, dass dieser in die Lage versetzt wird zu vergleichen. Diese Möglichkeit sollte der Verbraucher nutzen, bevor er ein Mandatsverhältnis eingeht. Ebenso wie Zweitmeinungen einzuholen.?

Leichter gesagt als getan, schließlich ist für den Laien die anwaltliche Leistung nur schwer oder gar nicht zu beurteilen bzw. zu vergleichen. Erst recht bei komplexen juristischen Sachverhalten rund um die Thematik Geld- und Kapitalanlagen. Dietmar Vogelsang unterstreicht abermals die Bedeutung der Beratung vor dem Abschluss einer Geldanlage: ?Die Bedeutung der präventiven Leistungen ist in Deutschland leider immer noch weitgehend unbekannt. Rechtsanwälte, Gutachter und Steuerberater mit Spezialisierung im Bereich Kapitalanlagen werden meist erst dann für ihre Mandanten aktiv, wenn das Kind schon in den Brunnen gefallen ist.?



Sachverständiger, Unternehmensberater, Vermögensberater
bei Vogelsang & Sachs Sachverständigen-Societät für Kapitalanlagen und private Finanzplanung in Bad Homburg